UNIVERSITÄT HAMBURG
FACHBEREICH WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN
Institut für Finanzwissenschaft der Universität Hamburg

Regio-Wettbewerbe: Ein Modell zur Förderung von
Hochtechnologie-Industrien im föderativen Staat?

Ingolf Meyer Larsen
JEL: H77 R12 O38 L5

Zusammenfassung Inhaltsverzeichnis

[Up] Zusammenfassung

1995 rief das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) zur Förderung der Biotechnologie-Industrie in Deutschland den BioRegio-Wettbewerb (BRW) ins Leben. In vielerlei Hinsicht stellte dieser ein Novum in der Technologiepolitik des BMBF dar. Die Kernelemente  dieses Förderprogrammes waren:
Dieses Konzept steht im Kontrast zu vorherigen, die den Schwerpunkt auf projektgebundene Förderung legten.  In der Folge wurden mit den Wettbewerben „Exist“, „Kompetenzzentren für Medizintechnik“ und „BioProfile“ vergleichbare Programme zur Förderung von Unternehmensgründungen und Hochtechnologie-Industrien aufgelegt,  so dass von einer neuen Förderinstrument-Gattung „Regio-Wettbewerbe“  gesprochen werden kann.
Dieses Förderinstrument beinhaltet auch eine spezifische Aufgabenteilung zwischen Individuen (bzw. einzelnen Organisationen wie Unternehmen), regionalen Zusammenschlüssen zwischen diesen und/oder der Regionalregierung und der Bundesregierung, dem folgende Thesen zugrunde zu liegen scheinen:
Es bedarf als Komplement zu privaten Bemühungen einer staatlichen Förderung von Hochtechnologie-Industrien. Sonst ließe sich keinerlei staatliches Engagement begründen.
Der Erfolg von Hochtechnologie-Industrien hängt zu einem wichtigen Teil von einer regionalen Kollektivanstrengung ab. So lässt sich die Förderung von Regionen statt Projekten begründen.
Die regionalen Akteure sollten für die detaillierte Ausgestaltung von Förderprogrammen zuständig sein. Dies zeigt sich zu einem in der Einforderung eines regionalen Konzepts bei Bewerbung und zum anderen darin, dass den Gewinnerregionen weitgehend die Auswahl der zu fördernden Projekte überlassen wird.
Der Bund ist hingegen als Schiedsrichter im regionalen Wettbewerb sowie als Teilfinanzierer regionaler Innovationsstrukturen notwendig. In seiner Schiedsrichterfunktion kürt er Sieger und belohnt diese durch Zuschüsse zu ihren eigenen Bemühungen.
In diesem Aufsatz wird untersucht, ob diese Art der Kompetenzverteilung als ökonomisch sinnvoll anzusehen ist. Dazu wird zunächst in Abschnitt 2 zu begründen sein, warum das Zusammenspiel regionaler Akteure für Hochtechnologie-Industrien produktivitätssteigernd wirkt. Als theoretischer Bezugpunkt dienen hier die Ansätze der Marshallschen Industriedistrikte und des innovativen Millieus.
In Abschnitt 3 wird dann der Frage nachgegangen, wer die Kompetenz für die Schaffung etwaiger regionaler Synergien haben soll. Dabei kann das Individuum bzw. im vorliegenden Fall häufig auch das einzelne Unternehmen als unterste föderale Ebene aufgefasst werden. Die nächsten hier betrachteten Ebenen bilden dann regionale Zusammenschlüsse, die sich in der Praxis meist an politischen Grenzen orientieren,  bis hin zum Bund. Dem Subsidiaritätskriterium folgend muss dann geprüft, ob zwischen den jeweiligen Akteuren aufgrund mangelnder Internalisierung verschiedener externer Effekte Koordinationsversagen vorliegt, dass zu einer suboptimalen Verwirklichung von Synergien führt, und somit eine Verschiebung der Kompetenz auf die nächst höhere Ebene angezeigt ist. Die möglichen Ursachen eines Koordinationsversagens bei der Verteilung der Unternehmen auf die Regionen einerseits und innerhalb einer Region bei der Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Hochtechnologie-Unternehmen andererseits werden dabei anhand eines Modells von Arthur (1990) veranschaulicht.
In Abschnitt 4 werden dann die theoretischen Argumente hinsichtlich ihrer praktischen Relevanz gewürdigt. Dazu werden empirische Studien präsentiert, um abschließend erörtern zu können, inwieweit Regio-Wettbewerbe eine geeignete föderative Aufgabenverteilung beinhalten.

Fußnoten

1
Die Entscheidungskriterien sind in BMBF (1995) aufgelistet. Für eine detaillierter sich mit dem BioRegio-Wettbewerb auseinandersetzende Studie siehe Larsen (1999).
2
Zur Förderpraxis des BMBF bis 1995 siehe Klodt (1996: S. 16ff).
3
BMBF (1997, 1999a, 1999b)
4
Diese Bezeichnung wurde gewählt, weil das BMBF die ersten Programme, in denen Regionen im Wettbewerb zueinander traten, BioRegio- bzw. InnoRegio-Wettbewerb taufte.
5
So stellt Larsen (1999: S. 25) für den BioRegio-Wettbewerb fest, dass die ursprünglich frei gewählten Grenzen der BioRegionen sich mit der Zeit den Ländergrenzen angleichen.


[Up] Inhalt

1    Einleitung

2    Regionen als Nährboden für Hochtechnologie-Industrien

2.1    Grundsätzliches zur Wichtigkeit geografischer Nähe

2.2    Gründe für Agglomerationsbildung

Knowledge Spillover - Wissenstransfer
Asset Sharing
Labor Pooling
Netzwerke
Agglomerationsnachteile
Zwischenfazit

3    Koordinationsversagen und Kompetenzverteilung

3.1    Ein Modell

3.2    Implikationen

1) intraregionale Spillover
a) Ansiedlungen
b) Stand-Alone-Vorteile
c) Netzwerke & Netzeffektstärke
2) Supraregionale Spillover

4    Empirische Befunde

5    Regio-Wettbewerbe - ein sinnvolles Instrument?

Literatur

[Up]  Posted 04-02-2003